Habt Ihr dem inneren Kind schon mal gedankt?
Nachträgliche Gedanken zum vorigen Blogpost
An dem Hygge-Abend bei Hintze & Sigl (siehe letzter Blogpost) hatte ich auch das Vergnügen, über Hans Sigl den Gast des Abends, den Psychologen Pablo Hagemeyer kennenzulernen, welcher in meinem letzten Post allerdings viel zu kurz kam. Das lag vorwiegend daran, dass ich seine wirklich brillianten Worte & Gedankenspiele aus dem Gedächtnis nicht mehr im genauen Wortlaut für Euch rüberbringen konnte und ich nichts Falsches übermitteln wollte.
Sich beim Kind in uns bedanken
Jetzt hatte ich aber das Glück, mich diesbezüglich noch einmal mit ihm austauschen zu können und da hat er mir die Geschichte – die bei mir am meisten hängen blieb und welche mich auch jetzt wieder zu neuen Gedankengängen anregt – mit folgenden Worten erklärt:
„Wir stellen uns unser inneres Kind vor, meistens ist es um sieben oder acht Jahre alt. Und dann werden wir uns darüber klar, dass das Kind auch etwas zu sagen hat und es bedankt sich bei dem Erwachsenen dafür, dass der Erwachsene auf das Kind aufgepasst hat und die ganze Zeit durchgehalten hat bis heute. Im Prinzip überlebt hat bis heute.
Dann warten wir ein bisschen den magischen Moment ab, in dem sich die Gefühle aufbauen.
Dann bedankt sich auch noch der Erwachsene beim Kind. Der Erwachsene bedankt sich für die Kraft, die das Innere Kind ihm gegeben hat. Denn ohne die Kraft hätte es diesen langen Weg nicht geschafft. Und fort an sind eben beide zusammen, gemeinsam und nie mehr allein. Sie werden sich weiterhin gegenseitig helfen und für einander da sein.
Wie du richtig vermutet hast, bedanken wir uns dabei bei uns selbst, über den Umweg uns unser inneres Kind vorzustellen. Tatsächlich gibt es dieses innere Kind nicht, aber es ist eine geniale Erfindung oder ein symbolischer Trick unser selbst emotional darzustellen.
Wer weiß vielleicht gibt es unser inneres Kind ja doch…“
Was für ein wunderbarer Schlusssatz, lieber Pablo Hagemeyer!
Wieso kann ICH das Kind in mir nicht sehen?
Ich muss nur leider zugeben – ich weiß nicht was da mit mir los ist – dass mir diese Vorstellung unheimlich schwer fällt. Ich konnte mich, an dem Abend während er dies dem Publikum erzählte und dazu aufforderte sich selbst als Kind bildlich vor sich zu stellen, nicht als dieses wiederfinden. Bin ich da emotional weiter zurückgeblieben, als ich mich eigentlich selbst sehe?
Es machte allerdings den Anschein, als würde es vielen so ergehen. Denn als er fragte, ob da ein magischer Moment in uns aufkommt, haben nur die wenigsten darauf positiv reagiert. Diese Tatsache, die ich selbst ebenso empfand, brannte sich als die große Frage des Abends in meine Erinnerung ein.
Später sprach ich meinen Mann darauf an und der erzählte mir – in diesem Moment dabei fast kindlich strahlend – dass er sich sofort sehen konnte, mit seiner Schultüte im Arm und dem schüchternen, schelmenhaften, zuversichtlichen Lächeln im Gesicht. Genau wie auf dem Foto, das von ihm in der Küche hängt. Er hatte ein tolles Gefühl dabei, einen wahren magischen Moment, schon während der Vorstellung und konnte dieses auch noch ganz leicht mitnehmen! Er war richtiggehend beglückt davon und möchte dies, sich bei seinem inneren Kind bedanken, zukünftig gerne öfter tun.
Ich freute mich unheimlich für ihn und als er mich ein wenig überrascht fragte, ob es mir nicht auch so erging, schoss mir dieser Gedanke durch den Kopf: Habe ICH den Zugang zu meiner Kinderseele inzwischen verloren? Was für ein erschreckender Gedanke. Darüber musste ich nachdenken.
Für Achtsamkeit mir gegenüber brauche ich ruhige Momente
Ich überlegte also … später, alleine, in einer stillen Minute bei einer Tasse Tee in meiner Küche, neben mir mein glücklich schnarchender Hund in seinem Bettchen … und erinnerte mich.
Da kam es plötzlich auf mich zu, das kleine Mädchen, in der roten Strickjacke und dem überglücklichen Lächeln im Gesicht, weil es ein Kätzchen auf dem Arm hielt und für immer beschützen wollte.
Klar, wurde dieser Gedanke durch ein Foto beeinflusst, das es von mir gab und mich an diese Situation zurückerinnern lies, aber das war nicht wichtig. Wichtig für mich war, dass ich es wieder spüren konnte, das Glück des kleinen Mädchens in mir …
Was ich so faszinierend finde, ist die Tatsache, dass alles was mich als Kind extrem glücklich machte, bis heute die Hygge-Faktoren in meinem erwachsenen Leben geblieben sind, mit deren Hilfe ich sogar meinen Brustkrebs mit heil gebliebener Seele überstehen konnte: Große Liebe und Empathie allen Lebewesen gegenüber zu verspüren, meine große Tierliebe und die Liebe zur Natur!
Und jetzt wisst Ihr auch, warum ich in meinem Blog über „Achtsamkeit und die Liebe zum Leben“ schreibe; weil es das DANKESCHÖN des Erwachsenen an das kleine Mädchen ist und das „am Leben halten der Empfindungen des Kindes in mir“ fördert und genau das möchte ich gerne an Euch „meine Schwestern im Herzen“ weitergeben!*
Danke, Pablo Hagemeyer!
*Natürlich ebenso den Hand voll Männern die meinen Blog lesen! ;-)
20. Oktober 2016 @ 15:38
Liebe Claudia,
ich war jetzt erst einmal ziemlich erschrocken, denn Kristinas Kommentar zu deinem letzten Post – hm, sie hat schon recht. Es ist leider wahr, wir weichen ziemlich ab von dem, was das Menschsein ausmacht. Das kann ich gerade genau beurteilen, weil ich schon länger mit Besorgnis einen Teil meiner Familie beobachte. Die Kinder können gar nicht früh genug in die Kita, alles was ihnen in der Familie vermittelt werden könnte, wird wie selbstverständlich von den Erziehern verlangt. Und – wenn es nicht klappt, dann machen wir Therapien. Bis die Kinder völlig durcheinander sind. Aber – das kann ich ja nicht verstehen, weil die Zeiten jetzt halt mal anders sind.
Was nun das innere Kind anlangt, und ich habe deinen Bericht sehr aufmerksam gelesen und befasse mich schon länger mit meinen Kindertagen, weil ich für meine Tochter einiges aufschreiben soll, ich erinnere mich ungern an mich als sieben- bis achtjähriges Kind. Ich war ein ziemlich einsames, unglückliches Kind. Lange wurde überhaupt nicht bemerkt, dass ich schlecht sah. Bis es endlich eine Lehrkraft bemerkt, von da an war ich die „Brillenschlange“. Das macht auch keine große Freude. Wie du so hielt auch ich einmal ein schwarzes Kätzchen auf dem Arm, das mir eine Nachbarin geschenkt hatte. Behalten durfte ich es nicht und musste es wieder zurück tragen usw. usw. Meine Mutter befasste sich nur wenig mit mir, was allerdings auch eine Ursache hatte. Diese Ursache habe ich aber erst viel später und nach ihrem Tod erfahren und verstanden.
Heute würde ich sagen – ich bin ein glückliches altes Kind.
Liebe Grüße, Edith
21. Oktober 2016 @ 15:43
Liebe Edith,
danke für den schönen Kommentar und vor allem für Deine private E-Mail an mich. Ich bin nur gerade beruflich sowas von eingespannt, dass ich Dir noch nicht antworten konnte!
Ich durfte das Kätzchen damals auch nicht behalten … ;-(
Alles Liebe, Claudia
24. Oktober 2016 @ 11:47
Liebe Edith,
ach weh! Ich kann mir nur zu gut vorstellen, wie traurig und unerträglich es für Dich war, das kleine schwarze Kätzchen wieder zurückzubringen. Da bricht mir beim Lesen schon Dein kleines Kinderherz…
Wie schön, dass wir uns als Erwachsene viele Kinderwünsche dann selbst erfüllen können :-)
Ganz liebe Grüße von Kristina
20. Oktober 2016 @ 10:10
Hm…nachdenklich….: Habe gerade eben sowohl den letzten als auch diesen Blogpost gelesen – das Wort „Hygge“ finde ich total bescheuert, wenn es zum hippen Kunstwort aufgeblasen wird, obwohl es in unserer eigenen Sprache vielleicht auch sehr schön mit Geborgenheit oder Wohlgefühl ausgedrückt werden kann.
Brauchen wir die Dänen, um in unserer kranken Gesellschaft wieder in Kontakt zu kommen mit einem Gefühl, dem wir viel zu wenig Raum geben, weil Karriere, Geld und Fortschritt uns entfernt haben vom Menschsein mit seinem Bedürfnis nach Geborgenheit und Genießen der einfachsten Dinge? Bereits unseren Allerkleinsten gönnen wir kein gemütlich geborgenes Frühstück mehr, sondern schleifen sie frühmorgens schon in die KiTa, damit die Eltern Karriere machen können und die Kinder diesen Wahnsinn später erst gar nicht hinterfragen, weil sie jedes Gefühl nach Geborgenheit frühzeitig unterdrücken mussten. Gut, sie können sich dann ja später das Buch „Hygglig leben“ kaufen – vielleicht lernen sie es dann, nach ihrem ersten Burnout. Grrrrrr…
Beim inneren Kind geht es mir genauso wie Dir, liebes Schwesterherz. So wirklich mag da erstmal keine positive Erinnerung aufkommen. Mit als erstes taucht in meinem Kopf das traurige Kind auf, das zum Turnverein musste und Montag Morgen Weltschmerz empfand angesichts Schule und den ständigen Erwartungen so zu sein wie die anderen (was ja nie wirklich glückte).
Die glücklichen Erinnerungen sind Aufenthalte im Bayerischen Wald, als wir morgens schon durch Blumenwiesen laufen konnten, als wir versuchten, Kristalle in aufgeschlagenen Steinen zu finden und ich mit der Lupe die Insektenwelt erkundete. Und ja, das hat mich gerettet und tatsächlich auch wieder gefunden. Zum Glück. Dafür danke ich meinem inneren Kind :-)
Herzlich <3
Kristina
20. Oktober 2016 @ 12:05
Liebes Schwesterherz,
ich habe beim Lesen ein wenig geschluckt und hatte Bedenken, das so zu veröffentlichen, aus Sorge unsere Eltern könnten das falsch verstehen.
Deshalb möchte ich auch noch einmal betonen, für unsere Mama, die dies hier lesen wird, dass wir eine ausgesprochen schöne Kindheit hatten und wundervolle Eltern haben!
Alle Eltern machen mal etwas nicht ganz so richtig, weil sie sich nicht immer zu 100% in ihr Kind reinversetzen können und wie wir heute, als Erwachsene wissen, auch viele eigene Probleme zu bewältigen haben, die man als Kind überhaupt nicht sieht. Das ist auch eine Qualität von guten Eltern, ihre Kinder dies nicht spüren zu lassen. Und wir sind beide sehr individuelle Menschen, immer schon gewesen, die sich nicht gerne anpassen, sondern einfach Ihr Ding machen wollen. Das war bestimmt auch nicht immer einfach!
Hätten unsere Eltern nicht so viel richtig gemacht, wären wir heute nicht, wer wir sind! Davon bin ich heute ganz fest überzeugt!
Danke, für Deinen schönen Kommentar! Ich stimme Dir in Vielem sowas von zu!!!
Dickes Bussi, Claudia
20. Oktober 2016 @ 12:58
Ja, das muss wirklich nochmal betont sein: Wir hatten eine schöne Kindheit mit viel Geborgenheit & Naturerlebnissen und wir durften gemütlich frühstücken und mussten nicht in die KiTA – deswegen können wir es auch heute und haben diesen ausgeprägten Sinn für ein wohliges Zuhause mit Blumen und schöner Atmosphäre :-)
Aber dennoch hat sich in mir stark abgespeichert, dass die üblichen Anforderungen und Freizeitbeschäftigungen, die man „halt so macht“ für mich meistens eine Belastung waren und mir eine gewisse Schwere auferlegt haben, die mich auch heute immer wieder trifft, wenn ich spüre, dass ich ein Außenseiter bin. Heute kann ich damit ja umgehen, meistens jedenfalls…
19. Oktober 2016 @ 22:30
Ach, liebe Claudia,
ich lese gerade mit Staunen Deinen Beitrag.
Ja, ich erinnere mich an viele „Kinder Bilder“ in meinem Leben.
Auch an dieses Gefühl…..
Vor allem an die Zeit bei meiner Tante. Welche ich gerade verliere… :o(
Es gibt keine Fotos davon…aber ich sehe mich als kleines Mädchen bei meiner Tante auf einer kleinen Fußbank sitzen. Vor mir einen kleinen Hocker als Tisch…da steht meine Kindernähmaschine drauf. Und die Ruhe die immer bei meiner Tante war…das spüre ich ganz deutlich :o)!!!
Oder ich sehe mich glücklich mit meinem Onkel eine Bettenburg bauen….Da war ich vier?
Ich überlege gerade wieso auch dieses Glücksgefühl so Präsent ist…?
(Den Hocker und die Fußbank habe ich übrigens gerettet als ich ihre Wohnung aufgelöst habe) :o)))
Liebe Claudia,
Deinen vorigen Beitrag habe ich leider aus Zeitmangel nicht lesen können.
Vielleich kann ich es ja noch nachholen.
Es ist schön….sich an so glückliche Momente Zeit seines Lebens erinnern zu können.
Alles Liebe für Dich,
Gerda
20. Oktober 2016 @ 11:54
Danke, liebe Gerda!
Es ist schön, ab und an daran erinnert zu werden! Meine glücklichsten Momente in meinem Kinderleben – eigentlich bis heute – sind die, in denen ich mit Tieren & Blumen Kontakt habe.
Und mit Kunst! Weshalb ich hier auch immer wieder Beiträge zu Ausstellungen bringe und seit Juli auch einen Kunstblog führe: http://claudineliebtkunst.de
Alles Liebe an Dich,
einen schönen gemütlichen Herbst,
Claudia
19. Oktober 2016 @ 20:26
…Du schaffst es immer wieder mir eine (freudige) Träne abzuverlangen…
19. Oktober 2016 @ 20:27
… ist mir immer wieder eine große Freude!